1. Juni 2009
Wir stehen früh auf, da wir uns noch mal bei einem Tourveranstalter nach Preisen für eine Tour in den Nationalpark Noel Kempff Mercado erkundigen wollen. Leider muss man mit einem Privatflugzeug reinfliegen und der Preis liegt für fünf Tage bei über US $1.000 pro Person! Das wird wohl nichts.
Anschließend frühstücken wir Kuchen (es gibt hier in Santa Cruz ganz viele Kaffees, die wirklich leckeren Kuchen haben) und holen unsere Sachen, um uns zum Bahnhof aufzumachen. Wir gehen durch die Kontrolle und sehen unseren ersten richtigen Zug in Südamerika: es gibt mehrere Wagons, eine richtige Lok und sogar eine Toilette an Bord (unser erstes Gefährt in Bolivien mit diesem Luxus). Wir decken uns am Bahnhof noch mit Getränken und Mandarinen ein und dann geht es auch schon pünktlich um 12 Uhr los.
Der Zug schleicht aus dem Bahnhof und schleicht weiter durch die Stadt. Dann lassen wir diese hinter uns und es geht hinaus aufs offene Land. Hier wird er dann ein wenig schneller, aber gleichzeitig springt er auch wie wild hin und her. Hmmmm, da nehme ich dann wohl doch mal schnell eine Reisetablette. Für einen Zug ist es doch recht ruckelig und nachdem wir 6,5 Stunden durchgeschüttelt wurden, sind wir froh, dass die Fahrt zu Ende ist. Die letzten drei Stunden der Fahrt gingen durch die wunderschöne Pantanal-Landschaft, das ist ein gigantisches Feuchtgebiet (was sich bis nach Brasilien ausdehnt) und wir sehen riesige Reiher und bunte Vögel und sogar ein Wasserschwein (das ist eigentlich gar kein Schwein, sondern das größte Nagetier der Welt). Leider ist es so schnell vorbei, dass wir kein Foto schießen konnten.
Sobald der Zug, ungefähr eine Dreiviertelstunde nach Santa Cruz, den ersten Stopp macht, steigen mindestens 15 Frauen ein und verkaufen Essen. Es gibt drei oder vier verschiedene Hühnchengerichte, eine Suppe, Tee, Kakao, Säfte, Süßigkeiten, Popcorn und noch zig andere Kleinigkeiten. Super, da verhungern wir nicht im Zug. Wir nehmen zwei gegrillte Hühnchenspieße mit Yukka und ich gönne mir zum Nachtisch eine heiße Schokolade. Das Hühnchen ist super aber die Schokolade schmeckt komisch (ich nehme mal an, dass die Milch frisch aus der Kuh kommt und das sind wir in Deutschland ja nicht mehr gewöhnt).
Beim nächsten Stopp steigen einige der Mädels aus und es kommen neue. Ohhh, die haben sogar gebratenen Fisch. Leider sind wir jetzt schon satt, das kann ja kein Mensch wissen, dass es hier so ein super Essensangebot gibt. So ändert sich das Angebot immer geringfügig mit jedem neuen Stopp (ungefähr jede Stunde kommt ein neuer Halt) und einige unermüdliche halten es bis San José de Chiquitanos aus.
Wir sehen hier auch eine Familie an Bord, die blond und blauäugig ist und ziemlich merkwürdig angezogen ist. Das sind Menoniten, die sind vor ewigen Zeiten (das müssen wir noch mal bei Wikipedia recherchieren) aus Norddeutschland gekommen und leben heutzutage immer noch ohne die meisten modernen Annehmlichkeiten. Die junge Frau (die maximal so alt ist wie ich), hat die gleichen Sachen an, die meine Oma getragen hat. Wir fragen uns, was jemanden dazu bewegt, auf alle modernen Annehmlichkeiten (wir Traktor, heißes Wasser aus der Leitung, etc.) zu verzichten und das Land noch wie vor 200 Jahren zu bestellen.
Wir kommen um kurz vor 19 Uhr in San José an und da wir keine Karte von dem Ort haben, nehmen wir ein Taxi zu unserem Hotel. Das existiert glücklicherweise auch noch und die Preise stimmen auch noch. Unser Abendessen wollen wir in der hochgelobten Pizzeria Romanozzi einnehmen. Unser Reiseführer sagt, dass man zwei Stunden bevor man Essen möchte, auf den Weg machen soll, dann der Dame beschreiben soll, was man möchte und anschließend einfach warten soll. Wir haben Glück, denn wir sind die einzigen Gäste und somit verkürzt sich die Wartezeit auf eine Dreiviertelstunde. Das Restaurant ist wirklich putzig, es befindet sich im Wohnzimmer einer älteren Dame, die halb Italienerin und halb Bolivianerin ist. Sie hat ein sehr bewegtes Leben hinter sich, ist hier geboren, hat dann einen amerikanischen Arzt geheiratet, mit dem sie viel in die USA, nach Europa und in Mittelamerika gereit ist. Die beiden haben in Mexico City gelebt und dort hat sie bereits ein Restaurant betrieben. Ihr Mann ist dann aber früh gestorben und ihre Mutter wurde dann krank, weshalb sie hierher nach Bolivien zurückgekehrt ist. Das war bestimmt komisch, von Mexico City, einer Stadt mit 34 Millionen Menschen, nach San José de Chiquitanos mit 15.000 Einwohnern, zu ziehen. Sie vermisst wohl auch das Mexico von damals, meint aber, dass sich zu viel geändert hat und sie jetzt auch nicht mehr da wohnen möchte.
Jens geht sich während der Wartezeit noch zwei Dosen Bier im Nachbargeschäft kaufen, denn im Restaurant gibt es kein Bier (wegen der Leute, die betrunken randalieren), aber Rosita hat nichts dagegen, wenn jemand sich ein oder zwei Dosen kauft und diese mitbringt. Der Abend ist wirklich nett und die Dame erzählt viel über Bolivien und wie das Leben hier ist. Sehr interessant.
Gegen zehn Uhr machen wir uns dann auf den Heimweg und fallen müde ins Bett.
(Autor: Daniela)
2. Juni 2009
Der Grund, warum wir hier sind: Die Chiquitanos-Missionen der Jesuiten sind Weltkulturerbe! Es gibt sechs Städtchen, die jeweils ein Konvent mit Kirche aus der Zeit der Jesuiten im 17. Jahrhundert haben. Wir haben beschlossen, die Tour in San José zu beginnen und uns dann gegen den Uhrzeigersinn wieder nach Santa Cruz vorzuarbeiten. Bevor wir heute die Jesuitenmission anschauen, wollen wir uns noch den Weitertransport nach San Rafael, der nächsten Mission sichern. Das ist aber gar nicht so einfach. Es gibt leider keinen täglichen Bus nach San Rafael, sondern nur alle zwei Tage. Also morgen früh wieder. Super. Dann müssten wir wieder zwei Tage warten, um bis San Miguel zu fahren und wieder zwei bis San Ignacio von wo es dann tägliche Busse zur Weiterfahrt gibt. Das heisst, für die 6 Missionen bräuchten wir mindestens acht oder neun Tage! So lange wollten wir uns damit nicht aufhalten und außerdem gibt es außer den Missionen (die ungefähr eine viertel Stunde zur Besichtigung benötigen) nicht viel zu machen. Hmmm, unsere nächste Option ist ein Unternehmen, dass diese Strecke Express fährt, aber da geht keiner ans Telefon und wir finden das Büro auch nicht (wir haben nur die Straße und keine Hausnummer, scheint auch keiner zu kennen). Taxis wollen auch nicht fahren und unsere Hotelbesitzerin meint, dass die ungern fahren und wenn dann für ungefähr US $100! Somit beschließen wir, uns heute Nachmittag ein Busticket nach San Ignacio zu kaufen und die Missionen auf dem Weg ausfallen zu lassen. Wir wollen uns nur noch eine weitere in Concepción anzuschauen. Das gibt totzdem einen Punkt.
Unser Reiseführer meinte, dass es hier zwei Busse am Tag gäbe, einen morgens und einen nachmittags. Der war wohl schon wirklich eine ganze Weile nicht mehr in dieser Gegend.
Auf unserem Weg zum Busticket kaufen, haben wir dann auch erfahren, dass es den 14 Uhr-Bus doch gibt - leider erst um 15 Uhr. Somit wird das heute nichts mehr. Erst bin ich ja ziemlich sauer über die Unfähigkeit des Tourismusbüros, aber im Endeffekt ist es doch nicht so schlimm, denn nun haben wir für morgen früh ein Busticket, dass uns nach San Miguel bringt. Danach nehmen wir nachmittags den Bus zurück Richtung San José und steigen in San Rafael aus. Da müssen wir dann wahrscheinlich übernachten. Aber somit sehen wir doch noch ein paar mehr der Missionen!
Den Rest des Nachmittags verbringen wir im Internetcafé im Schneckentempo, so dass wir bis zur Schließung nicht so viel gemacht bekommen. Echt frustrierend!
Heute Abend haben wir uns wieder bei Rosita angemeldet und frisch gemachte Pasta bestellt (das haben wir schon heute Mittag gemacht). Wir haben noch einen hiesigen Holzkünstler getroffen, Cesar (auch Gran Cesar genannt) Lara. Er hat unter anderem die Tür zur Kirche in Copacabana am Titicacasee gemacht und er zeigt uns ein paar Bilder davon aus seinem Portofolio. Die wollen wir uns später natürlich in echt anschauen.
Es gibt Lasagne mit Hühnchen und einer Sahnesoße bei Rosita. Die Pasta ist komplett selbstgemacht. Hmmmm, ein Gedicht und wir finden, dies ist der richtige Anlass, um dazu den chilenischen Wein zu genießen, den Daniel uns in Valparaíso geschenkt hat.
(Autor: Daniela)
3. Juni 2009
Wir stehen heute bereits um 6 Uhr auf, da wir um 6.30 Uhr an der Bushaltestelle sein sollen. Wir laufen das Stückchen durch das Dorf und der Bus fährt wirklich kurz nach sieben recht gut besetzt ab. Wir fahren ungefähr 4 Stunden bis San Miguel, wo wir uns die nächste Chiquitanos-Mission anschauen. Die Kirche ist geschlossen und wir schleichen uns durch den Klostergarten ins Büro und rufen so lange bis eine nette Dame uns die Kirche aufmacht. Sie verbringt den Tag mit einer Nonne im Garten und die beiden machen Kerzen. Wir schauen uns die Kirche an und sind nach einer knappen halben Stunden damit fertig.
Somit gehen wir in ein kleines Restaurant und bestellen das Gericht des Tages. Es ist ungefähr das gleiche, was wir gestern Mittag in San José hatten: Milanesa-Schnitzel und Suppe zur Vorspeise.
Unser Bus fährt leider erst wieder um 3 Uhr und somit setzen wir uns auf eine Dorfbank und warten. Pünktlich um drei fährt der Bus ein, wir laden unsere Rucksäcke ein und fahren eine Stunde zurück nach San Rafael. Dort befragen wir einen Passanten nach den Busabfahrtszeiten und er ist wirklich bestens informiert. Da sollte sich die Dame aus dem Touribüro in San José doch mal ein Beispiel nehmen. Eigentlich dachten wir, dass wir die Nacht hier verbringen, da wir uns noch die hiesige Kirche anschauen wollen, aber gerade jetzt fährt ein Bus nach Concepción. Wir laufen schnell hin und fragen, ob er Platz hat und ob er vielleicht noch 10 Minuten mit der Abfahrt warten kann, damit wir uns die Kiche anschauen können. Und das macht er doch glatt!
Wir flitzen also zur Kirche (die glücklicherweise nur über den Dorfplatz ist), machen ein obligatorisches Foto, schlüpfen rein, schauen uns um und flitzen zurück zum Bus. Unsere Rucksäcke wurden in der Zwischenzeit schon verstaut und schon geht es los.
Wir fahren 6 Stunden mit dem Bus nach Concepción und kommen um halb elf nachts dort an. Glücklicherweise ist direkt ein Hotel in der Nähe der Bushaltestelle und obwohl es ein wenig teurer ist, haben wir keine Lust im Dunkeln ohne Karte weiter rumzuirren. Wir versuchen noch etwas zu trinken zu kaufen, da wir kein Wasser mehr haben. Es gelingt uns schließlich noch mal die Leute aus einem Restaurant rauszurufen und die verkaufen uns was. Hier sind um halb elf die Bürgersteige hochgeklappt und wir verziehen uns auch ins Bett. Das ganze Busfahren heute war doch recht anstrengend.
(Autor: Daniela)
4. Juni 2009
Heute ist großer Reisetag, deshalb stehen wir um 7.30 Uhr auf und gehen zum Frühstück. Das Buffet ist reichhaltig und wir hauen uns die Bäuche voll. Anschließend gehen wir uns ein Busticket besorgen. Die Dame am Schalter hat heute wohl vergessen ihren Clown zu frühstücken und ist entsprechend unfreundlich, verkauft uns aber ein Ticket. Glück gehabt.
Bis zur Abfahrt haben wir noch 1,5 Stunden Zeit und so machen wir uns auf die Mission zu besichtigen. Die hiesige Mission ist für mich die schönste und am besten restaurierte. Nach dem sightseeing holen wir unsere Sachen im Hotel und begeben uns auf die Reise nach Santa Cruz. Die Fahrt ist, wie zu erwarten, holprig und wir sind froh, nach 5,5 Stunden angekommen zu sein. Von der vielen Fahrerei und den durchgesessenen Sitzen tun uns die Hintern schon schmerzen. Aber wir sind für heute noch nicht am Ziel. Direkt nach dem wir unser Gepäck geschultert haben, kaufen wir ein Ticket für die Weiterfahrt nach La Paz. Wir haben eine Busgesellschaft gefunden, die sogar eine Toilette an Bord hat. Wir essen noch schnell, reservieren ein Zimmer in La Paz und schon geht die Reise weiter. Der Bus ist klasse. Die Sitzreihen haben nur drei Sitze und sind entsprechend breit, und ein Segen für unsere Hintern, sehr gut gepolstert. So könnte man die nächsten 17 Stunden im Bus aushalten, wenn, ja wenn der scheiß Busfahrer nicht das Klo abgeschlossen hätte. "Klo? Haben wir nicht!" Ok, und was ist das Ding ganz hinten im Bus? Nee, Klo gibt es jetzt nicht und nicht später, basta! Eigentlich wäre das ganze nicht so schlimm, da wir es ja mittlerweile gewohnt sind, dass es keine Toilette im Bus gibt, dementsprechend haben wir wenig oder nichts getrunken, aber hier wurde uns der Bus extra mit Toilette verkauft und wir haben uns in der kurzen Pause mal schnell jeder 1 Liter Cola reingeschüttet, die sich jetzt langsam bemerkbar macht. Ich könnte platzen und meine Blase gleich mit.
Daniela hat glücklicherweise den ersten Stop genutzt gehabt, um draussen auf Toilette zu gehen, dabei hätte der Fahrer sie beinahe stehen lassen. Bei einem kurzen Stop mitten in der Stadt San Jose nutze ich die Gunst der Stunde. Ich renne nach vorne, trete mit Nachdruck an die Tür zum Fahrer (die Passagiere werden durch eine Wand vom Fahrer getrennt und die Tür wird immer abgeschlossen), die Tür geht daraufhin "natürlich" auf und ich sage dem Fahrer, dass ich aufs Klo gehe. Als Toilette suche ich mir den rechten Vorderreifen aus, und zwei weitere Fahrgäste gesellen sich zu mir, während Daniela im Spurt eine Toilette sucht. Die neuen Fahrgäste sind schnell verstaut und nach des Fahrers Meinung könnte es weiter gehen, nach meiner aber noch nicht, da Daniela noch fehlt. Der Fahrer ist sichtlich genervt von uns, was mir so was von egal ist, dann soll er eben das Klo aufschliessen. Das macht er aber auch nicht und somit stehen uns weitere 14 lustige Stunden bevor. Mehr davon morgen, jetzt versuche ich erstmal zu schlafen und hoffe, morgen wieder aufzuwachen. Ich habe nämlich die Befürchtung, der erste Mensch zu werden der Erstunken ist. Ja, ERSTUNKEN! Ich wünsche mich nämlich gerade in einen Tigerkäfig, da es dort bestimmt nicht so stinkt, wie in diesem Bus. Gute Nacht bis (hoffentlich) morgen.
(Autor: Jens)