19. bis 23. Oktober 2007
Nach dem kurzen Schock kurz vor der Abfahrt sind wir in unserem Abteil angekommen. Wir haben zwei sympathische Russen als Mitfahrer (der eine war Ukrainer und somit Ex-Russe). Unsere Hoffnung: “Bitte keine Ausduenstungen bereits vor der langen Fahrt” haben sich erfuellt. Puhh! Durchatmen! Aber wie gesagt unsere Erwartungen haben sich erfuellt, die unserer Mitreisenden begraben wir explosionsartig. Wir breiten uns innerhalb von 5 Minuten im ganzen Abteil aus und ich bekomme Lust auf das erste Bier. Mist! Eines meiner 8 Biere ist explodiert und wurde wunderbar von der Sitzbank aufgenommen. Das ganze Abteil stinkt die naechsten 24 Stunden nach Bier. Somit waere die Stinkerrolle diesmal auf meiner Seite: “Herzlich willkommen! Mein Name ist Jens, ich komme aus Deutschland und wenn ich das Bier nicht explodieren lasse, trinke ich es.” Die beiden wissen nun Bescheid.
Jetzt kommt die erste Enttaeuschung. Ich habe mich, wie im Reisefuehrer empfohlen, gut mit Alkohol eingedeckt, da man im Abteil alles teilt. “Hey Jungs, Bierchen?” und was sagen die beiden Russen? NEIN! Ich glaub ich bin im falschen Film. Ein Russe, der ein Bier ablehnt ok, aber zwei zu treffen, ist wie ein 6er im Lotto. Heute haette ich spielen sollen!
Die Fahrt verlaeuft durch die bei mir etwas getruebte Stimmung sehr ruhig. Ich trinke zwei Bier alleine und die restlichen werden warm. Na klasse! Zudem erweisen sich die beiden Jungs als sehr, sehr wortkarg. Na ja, nach und nach steigen die beiden aus und wir sind alleine im Abteil! Jetzt koennen wir so richtig rumstinken. Wir kaufen uns bei einem laengeren Aufenthalt von 20 Minuten einen frisch geraeucherten Fisch und zerlegen ihn. Unser Abteil stinkt danach noch einen ganzen Tag nach Raeucherscheune.
In Novosibirsk ist wieder einer der etwas laengeren Aufenthalte und wir vertreten uns die Beine.
Auf dem Bahnsteig sind nur wenige Leute, die meisten davon sind in Armeekleidung unterwegs, sehen gefaehrlich aus und schleppen schwere Kisten. Sie steigen in unseren Wagon! Daniela sagt noch: “Ich will niemanden in unser Abteil bekommen” Tja, das Leben ist kein Wunschkonzert und zwei der Armeejungs sind unserem Abteil zugeordnet. Hihihi, immer schoen grinsen, Sprachfuehrer raus und auf russisch: “Mein Name ist Jens und das ist meine Frau Daniela”. Das kommt gut an und Ruslan (Major) und Sascha (Soldat) stellen sich vor. Ich helfe den beiden noch eine ihrer schweren gruenen Kisten auf die oberste Ablage zu heben und der Zug faehrt weiter. Ruslan kann ein bisschen Englisch und in den naechsten Tagen stellt sich heraus, die Jungs sind eine Spezialeinheit der russischen Armee, spezialisiert auf Antiterrorbekaempfung. Wie sie dabei vorgehen, zeigen sie uns auch ganz stolz auf einem selbstgedrehten Handyvideo. Zu sehen sind die Jungs in voller Kampfausruestung, mit Tarnfarben im Gesicht, mit Blaettern ueberall hingesteckt und mit Maschinenpistole und Maschinengewehr ausgeruestet. Sie rennen durch den Wald, stuermen Haeuser mit Terroristen und werfen Hand- oder Blendgranaten. Und genau das schleppen die Jungs auch mit sich rum. Ruslan hat seine Pistole immer im Halfter, Sascha zeigt uns stolz sein Messer und Bilder von seiner Teak-Won-Do und Karateausbildung. Man hat der eins draufbekommen! Und auf Nachfragen geben sie zu, dass in der gruenen Kiste Maschinengewehre und Handgranaten sind. Na dann – gute Nacht! Eigentlich muesste ich die auch haben, weil mit den beiden im Abteil ueberfaellt uns sicherlich niemand, aber die Tatsache, dass so viele Waffen in unserem Abteil sind, laesst mich kein Auge zu tun.
Auch die Jungs lassen ihre Kiste nicht aus den Augen, es ist immer einer im Abteil und passt auf. Fotos durften wir von den beiden nicht machen, haben aber heimlich die Kiste fotografiert.
(Sollten das jetzt irgendwelche russischen Sicherheitsbehoerden lesen und uns verantwortlich machen wollen: Daniela hat fotografiert!).
Die beiden in unserem Abteil waren aber wirklich nett und haben uns sogar ein Eis ausgegeben. Ausserdem haben Sie uns auch ein paar witzige Videos von ihrem Training gezeigt, da sitzen sie vor ihrem Armeedosenfutter und schnueffeln, wie Hunde oder reissen irgendwelche Grimassen.
In Angarsk sind sie dann ausgestiegen, wir sind 1 Stunde spaeter endlich in Irkutsk angekommen und hatten keinen so gluecklichen Start. Daniela konnte sich nicht rechtzeitig aus der Tram rausdraengeln und somit ist sie (auch noch ohne Ticket, das hatte ich) weitergefahren. An der naechsten Haltestelle ist sie ausgestiegen, um zu warten. Das hatten wir mal so ausgemacht, fuer den Fall, dass sowas passiert. Und nach einigen Minuten hatte ich sie dann gefunden. Dann haben wir uns auf die Suche nach unserem vorgebuchten Hostel gemacht. Wir haben es dann auch relativ schnell gefunden, aber alles war stockdunkel und keiner hat aufgemacht. Tja, wir sind dann einfach zu einem anderen Hostel, welches unser Reisefuehrer empfohlen hatte und auch in der Naehe war. Dort gab es gluecklicherweise noch massenweise Betten. Nach etwas richtigem zu Essen (Tuetensuppen koennen wir beide nicht mehr sehen) und einer heissen Dusche, so vier Tage ohne ist zwar nicht so schlimm, wie Daniela es sich vorgestellt haette, aber so wirklich angenehm ist es auch nicht, ist die Welt wieder in Ordnung. Wir wollen jetzt gleich noch einen kurzen Rundgang durch Irkutsk machen.
Kurz zusammengefasst: Uns geht es super!
(Autor: Jens)