Moskau

12. Oktober 2007

Juchu,

ich habe es geschafft - die Bluetooth-Tastatur funktioniert. Nachdem ich mir vor der Abreise die halbe Nacht und den kompletten Morgen die Nerven ruiniert habe, wollte ich nun, bei freiem Internetzugriff im Hostel, das Ding zum Laufen bringen. Und was passiert? Ich schalte sie ein und es funktioniert einfach. Total genial!

Was bedeutet das nun für euch Daheimgebliebenen? Es wird noch mehr Berichte geben, die um einiges ausführlicher sein werden. Die ersten Berichte haben wir über die Handytastatur eingegeben und das war echt aufreibend.

So und nun wie versprochen ein neues Kapitel von "Lost in Russia".

Unser Zugabteil im Smena-Zug

Nachdem aufregenden Tickettausch waren wir pünktlich am Zug und haben den Wagen und unser Abteil bestens gefunden. Und jetzt kam die erste Zugüberraschung. Nein nix Negatives! Der Zug Nr. 25 hat einen Namen "Smena". Keine Ahnung was es heißt, aber ich würde den Zug "Spitzenklasse" nennen. Da kann sich die Deutsche Bahn echt was abschauen. Riesige 4er-Schlafkabinen, total sauber, klimatisiert, frisches Bettzeug, englische Ansagen, Radio und Igor.

Igor war unser Kabinengenosse. Er war wohl schon einige Minuten vor uns im Zug und hatte sich bereits häuslich eingerichtet. Die ausgelatschten Schuhe waren schon gegen noch ausgelatschtere Hausschlappen eingetauscht, das ganze gegrillte Hähnchen lag neben zwei Tafeln Schokolade und der Orangensaft war eine nette Dekoration neben der "Klassik"-Cognac-Flasche. Nachdem wir uns namentlich bekannt gemacht hatten, wurde, wie zu besten Sowjetzeiten, brüderlich geteilt. Daniela war für die Schokolade empfänglich und ich mußte mindestens 1/3 der Cognac Flasche auf russische Art mittrinken (russische Art = Becher voll, trinken, Becher leer). Erst habe ich schön in alter Manier Schluck für Schluck getrunken und mich jedesmal geschüttelt. Igor meinte dann in etwa Folgendes: "deutsch trinken, nipp nipp is problema! russky trinken leer,nix nipp nipp, kein problema". Alles klar, damit war geklärt, wie ich zu trinken hatte. Glücklicherweise hat Igor mehr Durst gehabt und sich immer etwas mehr eingeschenkt. Somit kam ich nicht in den "Genuss" der halben, sondern nur der drittel Flasche. Als die Bottel leer war, ging es ins Bett.

Ab hier wird das Kapitel "Hostelerfahrungen" erweitert. Diesmal war es kein Hostel, aber geschnarcht wurde dennoch meisterlich. Ich sage euch Oropax sind Gold wert!

Morgens auf die Minute puenktlich sind wir in Moskau angekommen. (Es wird langsam kälter!) Metro fahren kennen wir bereits aus St. Petersburg und da wir (Grüße an Kerstin) mittlerweile das kyrillische Alphabet lesen können, ist das keine Herausforderung mehr. 20 Minuten nach Ankunft in Moskau sind wir im Hostel "Home from Home" angekommen. Der Hostellier war begeistert aufgrund unserer frühen Ankunft, hat uns aber als erstes einen Tee gekocht. Ich wäre am liebsten sofort ins Bett, da ich nach der Cognac-Session mal wieder "übermüdet" war. Das Zimmer gab es aber leider erst mittags.

Das Hostel ist echt sehr häuslich. Man kommt sich eher als Mitbewohner denn als Hostelgast vor. Wir fühlen uns hier sehr wohl, es gibt Frühstück, Tee, Obst und Wasser umsonst. Zusätzlich Internet for free und mitten in der Stadt! Empfehlenswert, wenn man keine Platzangst hat!

Erloeserkathedrale

Nachmittags sind wir zu Fuß durch die Fußgängerzone Richtung "Erlöser-Kathedrale". Es ist echt der Hammer: Stalin läßt die Kathedrale abreisen, um dort das größte Bauwerk der Welt zu errichten. Allerdings wird ihm erst danach von diesem Standort abgeraten, da die Gefahr bestand, dass alles in die Moskva rutscht. Na ja, das Ding war jetzt schon kaputt, also wurde ein Schwimmbad gebaut. Irgendwann wurde beschlossen, die Kirche wieder aufzubauen. 1997 wurde sie dann wiedereröffnet. Imposant! Einfach imposant!

Wenn ich es nicht gewußt hätte, ich hätte nicht gemerkt, dass die Kathedrale erst 10 Jahre alt ist.

Basiliuskathedrale am Roten Platz

Anschließend sind wir zum Roten Platz. Dort haben wir uns die nächste Kathedrale angeschaut. Das Ding mit den bunten Kirchtürmchen, (auch Basiliuskathedrale genannt – Anmerkung der Redakteurin Daniela). Von außen sieht sie echt groß aus und innen gibt es untypischerweise keine große Halle, sondern lauter kleine verwinkelte Räumchen. Sehenswert!

Der rote Platz mit dem Lenin-Mausoleum und dem Kreml sind übrigens Weltkulturerbe. Somit hat Danielas UNESCO-Liste einen weiteren Haken erhalten. Morgen folgt noch ein weiterer (Novodevichy-Konvent).

Bis dann!

(Autor: Jens)


13. Oktober 2007

Heute haben wir nicht wirklich viel gemacht. Nachdem wir gestern eine ziemlich lange Internet-Session hinter uns gebracht haben, wurde heute erst mal ausgeschlafen. Der Wecker war zwar gestellt, aber da es ziemlich stark geregnet hat, sind wir einfach liegen geblieben. Später sind wir auf den Markt vor unserer Haustür gegangen und haben für die nächsten beiden Abendessen eingekauft. Mit Zeichensprache geht bisher fast alles.

Anschließend sind wir in die Tretjakov-Gallerie, hier gab es ziemlich viele alte russiche Bilder von Adelsfamilien. Recht unspektkulär, wenn man es mit der Eremittage vergleicht (ich fand’s trotzdem sehr schoen – Anmerkung der Redaktion Daniela). Was allerdings wirklich spannend ist, ist alte Stadtbilder mit den heutigen Stadtsilhouetten zu vergleichen. Dabei kommt meistens Erstaunliches heraus.

Daniela haben die Bilder so den Atem geraubt, dass ihr kurzerhand der Kreislauf versagt hat. Die Ausstellung mußten wir daraufhin schnell verlassen. Mit selbstgemachtem Kräuterquark und Pellkartoffeln habe ich sie dann wieder auf die Beine gebracht. Alles super!

Ich bin gespannt auf morgen, wenn wir die Trans-Sib-Tickets von Vladimir nach Irkutsk vorbuchen wollen.

Jetzt werde ich erstmal in den 24 Stunden-Supermarkt gehen und mir Bier und Schokolade kaufen. Der Supermarkt hat echt alles, was das Herz begehrt. Er ist besser bestückt als jeder Supermarkt, den ich im Großraum Rhein-Main kenne. Der Supermarkt an der Ecke ist vergleichbar mit der Delikatessenabteilung im KADEWE.

(Autor: Jens)


Unser Hostelzimmer in Moskau

14. Oktober 2007

Heute ist ein neuer Tag in Moskau und wir haben schon wieder die Audienz bei Lenin verpasst - er empfängt lediglich von 10 bis 13 Uhr und wir kommen irgendwie nie aus dem Bett, da wir nachts so lang auf sind, im Internet surfen und mit anderen Hostelbewohnern quatschen (gestern war es auch mal wieder halb drei bis wir den Weg ins Bett gefunden haben). Unser Hostel war gestern restlos überbucht und unser Hotelier hat sogar mit einer Matratze auf dem Boden der Küche geschlafen. Wir haben unser Zimmer mit drei Damen geteilt, die Kosmetik und Versicherungen verkaufen und diese auch gleich an den Mann bzw. die Frau versucht haben zu bringen. Wir haben dankend abgelehnt.

Kathedrale im Kreml

Heute nehmen wir uns den Kreml vor und somit kaufen wir uns ein Ticket für das Gelände des Kremls mit den vier Kathedralen und wir wollen auch eins für die Waffenkammer kaufen. Es ist jedoch erst 13:20 Uhr. Der Verkauf für den nächsten Besuchsslot der Waffenkammer startet um 13:30 Uhr. Es ist nichts zu machen, pünktlich um 13:30 Uhr beginnt die Dame erst mit dem Verkauf der Eintrittskarten. Na, zum Glück sind wir nur 10 Minuten zu früh und nicht anderthalb Stunden. Da wir nun noch eine Stunde Zeit haben bevor wir in die Waffenkammer dürfen, wollen wir uns zuerst die vier Kathedralen ansehen. Leider sind zwei geschlossen, aber die zwei anderen sind auch sehr lohnenswert. In der ersten Kathedrale haben sich spontan fünf Leute vorne hingestellt (der Innenraum ist sehr klein) und haben russische, geistliche Lieder gesungen. Das war wirklich eine wunderschöne Athmosphäre. Russische Kirchen sind von innen über und über mit Gemälden bemalt - vom Sockel bis zur Kuppel sind ganz viele Szenen aus der Bibel oder auch verschiedene Heilige dargestellt. Vorne sind häufig ganz viele Bilder von Heiligen gemalt und es wird als höchst deplaziert empfunden, wenn man sich davor fotografieren lässt.

Anschließend schauen wir uns die Waffenkammer an, die nicht, wie der Name vielleicht vermuten lässt, nur Waffen zu bieten hat. Dort sind die Schätze der Zaren ausgestellt: von Kronen, über Geschirr, goldene Schalen und Becher, gold- und edelsteinverzierte Bibeln, kostbare Kleider, alte Kutschen und Fabergé-Eiern ist hier alles zu finden. Es gibt sogar ein Fabergé-Ei, in welchem die transsibierische Eisenbahn "versteckt" wurde. Die Eier sind übrigens eine Art kostbares Überraschungs-Ei.

Nach dem Kreml versuchen wir unser Glück beim Ticketkauf: wir wollen ein Ticket für die transsibierische Eisenbahn von Vladimir nach Irkutsk kaufen. Unser ursprünglicher Plan war, am kommenden Dienstag von Moskau nach Vladimir und dann weiter nach Suzdal zu fahren (eine Stunde mit dem Bus von Vladimir entfernt). Am nächsten Tag wollten wir dann von Vladimir aus nach Irkutsk. Dazu muss ich noch sagen, dass man von Moskau über Vladimir nach Irkutsk fährt, es liegt auf dem Weg. Das einzige Zugticket, das uns die Dame am Schalter (die kein englisch spricht und der wir einen Zettel mit unserem Zugwunsch auf kyrillisch vorgelegt haben) verkaufen kann, ist für Zug Nummer 6. Wir wollen aber mit Zug Nummer 2 oder 10 fahren, da dies die beiden komfortabelsten Züge sind und die vier Tage Zugfahren sollen ja schließlich schön werden. Da wir leider nicht verstehen, ob der Zug ausgebucht ist oder ob vielleicht aus irgendwelchen Gründen im Moment keiner mit dieser Nummer fährt, wollen wir es noch mal woanders versuchen. Schließlich finden wir noch ein winziges Service-Center in diesem Bahnhof, wo ich erst gar nicht reingehen wollte und Jens aber gesagt, hat, lass es uns da doch noch mal versuchen. Und siehe da, nicht eine, nicht zwei, nein gleich drei Damen sprechen englisch. Das haben wir noch nicht erlebt in Russland. Wir fragen also noch mal nach diesen beiden Zugnummern, aber auch da ist nichts zu machen. Eine der Damen kommt jedoch auf die Idee, dass wir doch mal von Moskau aus schauen. Und siehe da, es gibt für uns sowohl zwei Plätze in Zug Nummer 2 als auch in Zug Nummer 10. Wir entscheiden uns für die Nummer 10, da dieser ein wenig günstiger ist. Strahlend verlassen wir das Service-Center und halten stolz unsere Tickets in der Hand.

Wir sind wirklich begeistert von der Russen - bisher haben wir nur nette, hilfsbereite Leute getroffen. Obwohl wir gehört haben, dass die Leute in Moskau weniger nett sein sollen, können wir nur sagen, dass wir bisher nur positive Erfahrungen gemacht haben. Ich hoffe, dass alles weiter so super läuft. Wir hören immer wieder von anderen Reisenden, dass ihnen der Pass geklaut wurde oder dass es so schwierig bis unmöglich war ein Zugticket zu kaufen. Glücklicherweise können wir bisher nichts davon bestätigen und ich hoffe, das bleibt auch so.

Heute ist übrigens der erste Tag, an dem es in Moskau schneit. Der Schnee ist leider nicht liegen geblieben, aber es sieht trotzdem wunderschön aus, wenn abertausende von Schneeflöckchen vom Himmel fallen.

(Autor: Daniela)


Novodevichy Konvent

15. Oktober 2007

Jens ist gerade am Kochen und ich schreibe unseren heutigen Bericht - eine gute Aufteilung, wie ich finde. Heute haben wir das Novodevichy Konvent besucht, ein Kloster, welches sich im Süd-Westen von Moskau befindet. Das Kloster ist von einer hohen Mauer umgeben und man hat drinnen das Gefühl, gar nicht mehr in Moskau zu sein, sondern in einem ruhigen Refugium irgendwo außerhalb der Stadt. Leider war die Kirche in dem Kloster (natürlich eine niedliche, kleine mit Ziebeltürmchen) geschlossen. Es wird gerade kräftig restauriert. Das ist uns bisher sowohl in Sankt Petersburg als auch in Moskau aufgefallen: überall wird restauriert was das Zeug hält. Es sind so viele Gebäude entweder gerade neu gemacht worden oder sie sind gerade eingerüstet. Dabei handelt es sich nicht nur um die touristischen Attraktionen, sondern auch um ganz "normale", villenartige Häuser.

Nachmittags sind wir auf dem Izmailovo Markt herumgeschlendert. Der große Basar in Istanbul kann einpacken im Vergleich mit diesem Markt - wirklich Wahnsinn. Es gibt unheimlich viel Kleidung, Pelzmäntel und -mützen, Stiefel, Matrioshkas und sonstigen Schnick Schnack. Unendliche Reihen voll. Wir haben uns zwei Pelzmützen gekauft: wir dachten erst Jens Mütze ist aus Otterfell (da die russische Verkäuferin nicht wusste, wie das Tier auf englisch heißt), aber unser Hostelier meinte, es sei Wasserratte. Also hat Jens jetzt eine Wasserratten-Pelzmütze. Ich habe eine aus Kaninchenfell gekauft. Somit sind wir jetzt bestens gerüstet für Sibirien - es kann also kalt werden.

Übermorgen spielt Russland gegen England in der EM-Qualifikation und die fußballverrückten Engländer fallen in Moskau ein. Mittwoch Nacht gibt es kein einziges Hostelbett mehr in ganz Moskau. Wir hätten gerne noch bis Donnerstag Nacht unser Hostel verlängert, aber da war nichts zu machen. Somit fahren wir morgen mit dem Zug nach Vladimir und bleiben dort zwei Nächte. Vladimir ist eine kleine Stadt (395.000 Einwohnder)  ca. drei Stunden von Moskau entfernt. Am Donnerstag fahren wir wieder nach Moskau zurück und werden eine Nacht im Hostel schlafen und am Freitag Abend fährt ja schon unser Zug nach Irkutsk. Wir freuen uns schon wahnsinnig auf den Zug. Vielleicht schneit es ja schon ein wenig unterwegs, das wäre toll.

(Autor: Daniela)