Pingyao

8. Dezember 2007

Wir kommen morgens früh um halb sechs in Pingyao an und sehen aus dem Zugfenster, dass es geschneit hat. Bisher war das Wetter relativ warm, nur in Xi'an war es recht kühl. In Pingyao ist es kalt. Als wir ankommen werden wir gleich von irgendwelchen Schleppern umringt, die uns zu einem Hostel bringen wollen. Wir lehnen ab und beschliessen zu laufen. Es ist stockdunkel und es ist weiter als gedacht. Außerdem folgt uns die ganze Zeit einer der Schlepper. Wir vermuten er will mit uns zum Hostel, um seine Provision zu kassieren, obwohl wir nicht wegen ihm dahin gehen. Jens motzt ihn ziemlich unfreundlich an, dass er sich verziehen soll und es wirkt. Wir laufen weiter und nach einiger Zeit hält eine Elektro-Rikscha neben uns. Es ist eine der Managerinnen des Harmony-Hostels, wohin der Schlepper uns auch bringen wollte. Nachdem wir keine Lust mehr haben zu laufen, beschliessen wir uns mitnehmen zu lassen und uns das Hostel mal anzuschauen. Im Endeffekt ist es wirklich ganz nett, nur etwas kalt und wir bleiben hier.

Pingyao ist eine alte Stadt aus der Ming-Dynastie (1368 - 1644) und erreichte ihre Blütezeit im 19. Jahrhundert, als eine der ersten Bankzentren Chinas. Hier hatte Herr Lei Lütai das erste ehrliche Banksystem Chinas mit Krediten und Schecksystemen gegründet. Die komplette Altstadt von einer Stadtmauer umgeben und in ihrem Inneren dürfen Autos nur in bestimmten Bezirken fahren.

Tempel des Stadtgottes

Die Stadt ist wirklich wundervoll und besteht fast ausschließlich aus ein- bis zweistöckigen, traditionellen Gebäuden, die alle bemalt sind und Laternen vor der Tür hängen haben. Als wir gestern Abend im Dunkeln durch die Gassen geschlendert sind, haben wir uns hundert Jahre zurückversetzt gefühlt.

Wir schauen uns als erstes den alten Bezirks-Yamen an. Das war früher die Verwaltung für die Gegend um Pingyao. Der Yamen ist wirklich groß und besteht aus wunderschönen, alten Häusern und verschiedenen Innenhöfen. Dann radeln wir weiter zum Tempel des Stadtgottes, der ebenfalls wunderbar gestaltet ist. Anschließend sehen wir uns noch die erste Bank von Lei Lütai an, die Rishengchang heißt und sein ehemaliges Wohnhaus. Dann sind wir so durchgefroren, dass wir uns ein Lokal suchen, wo es warm ist und wir etwas essen können. Nach dem Essen meint Jens, dass er bestimmt krank wird, da er sich nicht gut fühlt und gar keinen Appetit hat. Er hat gerade zwei! Portionen Lasagne verdrückt und ich bezweifle ein wenig die Appetitlosigkeit.

nschließend gehen wir zurück in unser Hostel und versuchen uns ein wenig aufzuwärmen. Unser Zimmer ist leider nicht so warm, also greifen wir auf unsere altbewährte Methode zurück und heizen mit dem Fön. Leider verträgt er das heute nicht so gut und gibt unter qualmen den Geist auf. Schade. Jens ist schon ganz aufgeregt, denn heute gibt es, wie jeden Samstag die deutsche Bundesliga im Fernsehen. Sie zeigen immer ein oder zwei Spiele hintereinander, das erste live und das zweite ist dann natürlich eine Aufzeichnung. Und da heute die Eintracht gegen Schalke spielt, hofft Jens, dass sie dieses Spiel heute zeigen. Und tatsächlich, die Eintracht kommt im Fernsehen und Jens ist überglücklich. Sie hätten ruhig mal gewinnen können, wenn wir schon aus China zuschauen! Ich hatte schon gedacht, dass Jens vielleicht noch Bayern-Fan wird, da die natürlich am häufigsten übertragen werden und er das dann schaut.

Wir haben heute zwei Zugtickets für morgen gekauft und da es leider keine Sitz- oder Liegeplätze mehr gibt, haben wir Stehplätze erworben. Der Hostelbesitzer hat auch versucht Tickets auf dem Schwarzmarkt zu bekommen, war aber leider erfolglos. Wir müssen aber unbedingt morgen Nacht nach Peking fahren, da am Montag unser Visum abläuft und wir es verlängern müssen (kaum zu glauben, aber wir sind wirklich schon vier Wochen in China). Wir hoffen jedoch, im Zug ein Upgrade zu bekommen und nicht die ganze Nacht stehen zu müssen, das wird nämlich einfach nur grauenvoll werden.

(Autor: Daniela)


Chinesische Beerdigungsprozession

9. Dezember 2007

Wir schlafen erst mal schön bis um 11 Uhr aus (die letzten Tage sind wir schon immer recht früh aufgestanden und dabei sind wir doch im Urlaub) und packen dann unsere Sachen, da wir um 12 Uhr unser Zimmer räumen müssen. Jens ist nicht krank geworden, wusste ichs doch, das hat bestimmt die Doppelportion Lasagne bewirkt :-).

Als wir auschecken, hat der Hostelbesitzer noch eine tolle Überraschung: er hat Tickets im Hardsleeper für heute Abend bekommen. Super! Somit müssen wir doch nicht die ganze Nacht stehen und haben auf jeden Fall ein Bett sicher. Leider sind die Betten nicht in einem Wagon, aber vielleicht können wir ja noch im Zug tauschen.

Wir leihen uns wieder Fahrräder und radeln zum Shuanglin-Tempel, der sich fünf Kilometer außerhalb der Stadt befindet. Da außer uns nur vier andere Touristen da sind, ist die Anlage wunderbar ruhig und hat eine fast mystische Atmosphäre. Der Gebäudekomplex ist ähnlich, wie in anderen Tempelanlagen, aber es gibt hunderte wundervoll geschnitzter Figuren zu bewundern.

Wir radeln wieder zurück und steigen auf die Stadtmauer. Man kann eigentlich über die Stadtmauer die ganze Stadt umrunde (6 Kilometer ist sie lang), aber uns ist zu kalt und wir beschliessen zurück ins Hostel zu gehen. Da wir endlich wieder eine richtig gute Internetverbindung haben und genug Zeit haben, die Berichte einzustellen, vertreiben wir uns den Rest des Nachmittags damit.

Ach ja, auf unserem Rueckweg haben wir eine chinesische Beerdigungsprozession gesehen. Das laueft recht bunt und mit viel Musik und Klagen ab, also sehr laut. Davor hatten wir bereits die Saenfte fuer den Sarg und einige Sargtraeger gesehen.

(Autor: Daniela)