23. März 2009
Da wir sehr früh mit dem Flug zurück sind, entscheiden wir uns den Walk zur Welcome Flat Hut noch heute zu machen. Wir versichern uns noch einmal bei der Touriinfo nach dem Wetter und ob es auf der Hütte einen Kocher gibt und ob die Strecke wirklich für Anfänger geeignet ist. Ja ja, kein Problem.
Ok, dann mal los, noch schnell ein bisschen Proviant einkaufen und schon geht es los. Am Parkplatz des Startpunkts werden wir beim Packen nochmal von 1 Million Sandfliegen aufgefressen und dann laufen wir los.
Ich habe einen 12 Kilo Rucksack mit Schlafsäcken, Isomatten, Badesachen und Proviant. Badesachen? Ja, Badesachen, da uns am Ende des Weges eine heiße Quelle erwartet. Wir legen einen klassischen Fehlstart hin. Wir finden die markierte Route nicht und latschen erstmal doof am Flussufer entlang. Glücklicherweise waren zwei andere, die von oben kommen genauso dabbisch und erklären uns, wie wir wieder auf den markierten Pfad kommen. Wir schlagen uns quer durch den Regenwald und nach ca. 10 min wandern wir auf dem richtigen Pfad. Wir sind begeistert. Die Natur ist fabelhaft und der Weg ist echt ok! Nach ungefähr 3 km ändert sich das leider und es wird zu einer echten Klettertour. Na ja, das wird das kurze, schwere Stück sein, dass die Dame von der Touriinfo erwähnt hat, das wird sicherlich gleich vorüber sein. Pustekuchen! Der Weg wird immer schwieriger: von einem leicht ansteigenden, lockeren Wanderweg ist das hier weit entfernt. Wir sind mehr am Kraxeln als am Wandern.
Nach 3,5 Stunden kommen wir an der ersten Zwischenstation an, die mit 4 Stunden angegeben war. Wir sind von uns selbst überrascht, machen eine kleine Mittagspause und gehen weiter. Nach 15 weiteren Minuten kommen wir an eine Hängebrücke. Hier treffen wir ein deutsches Pärchen, das die Strecke an einem Tag hoch und runter laufen. Kann man so machen, muss man aber nicht. Ein älteres Ehepaar, das an der Brücke ist, erklärt uns, dass es von hier noch 6,5 km sind und das schwierigste Stück noch vor uns liegt. Waaassss? Das ganze entwickelt sich von hier an zu einer echten Klettertour.Wir müssen über 500 m lange Gerölllawinen, ziehen uns an Wurzeln hoch und durchqueren reißende Gebirgsbäche. Überraschenderweise haben wir immer noch genügend Kraft, um weiter zu gehen.
Allerdings hat Daniela starke Schmerzen im rechten Oberschenkel, die jeden Schritt für sie zur Qual machen. Der Oberschenkel hat schon am morgen ein bisschen gezwickt und nun nach 5 Stunden Wandern sind die Schmerzen scheinbar grauenhaft, was uns auf den letzten 5 km sehr langsam macht. Zu allem Überfluss können wir uns das nicht wirklich leisten, da wir erst um 12 Uhr losgelaufen sind und es um 20 Uhr dunkel wird. Ok,wir haben Taschenlampen dabei, würden aber gerne bei Tageslicht ankommen. Der Rucksack wird auch immer schwerer oder sind es meine Beine? Eigentlich wollten wir uns abwechseln mit Tragen aber Danielas Schmerzen machen uns einen Strich durch die Rechnung. Es dämmert bereits und wir laufen immer noch durch die Berge, als wir an ein Schild kommen, das uns noch 30 Minuten Wanderung vorraussagt. 45 Minuten später um 19.45 Uhr kommen wir an der Hütte an und sacken erleichtert auf eine Bank. Die Hüttenwirtin begrüßt uns und erklärt uns, wo die Schlafplätze sind. Wir richten es uns mit 25 Anderen in einem Raum ein und gehen auf schnellstem Weg in die heißen Quellen baden.
Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie schön so ein heißes Bad nach so einem "Spaziergang" ist. Einfach wunderbar! Danielas Schmerzen lindert das heiße Bad nicht. Leider ist die Hütte nur spärlich eingerichtet und hat keinen Gastraum, in dem man etwas Warmes zu essen und ein Bier bestellen kann. Hier gibt es nur das, was man selbst nach oben geschleppt hat zu essen und somit holen wir unser geräuchertes Hühnchen und Brot, setzen uns in die Küche und treffen zwei Deutsche, denen wir von unseren heutigen Erlebnissen erzählen. Die beiden sind schon einige Tracks in Neuseeland gelaufen und sind sich einig, dass das hier definitiv kein Anfängerwalk ist. Na, das ist ja gut zu hören, wenn man oben ist. Hätten wir die beiden unten getroffen und hätten wir gewußt, was auf uns zukommt, wären wir definitv unten geblieben.
Eigentlich müssten wir todmüde ins Bett fallen und schlafen, aber Daniela hat so starke Schmerzen, die sie die halbe Nacht nicht einschlafen lassen. Ich kann einigermaßen gut schlafen, mache mir aber ziemliche Gedanken, wie wir hier wieder runterkommen wollen.
Daniela hat die ganze Nacht davon geträumt, dass der Versorgungshubschrauber vor ihren Augen landet und sie mitnimmt. Bis hierhin leider nur ein Traum.
Am nächsten Morgen stehen wir mit als erstes auf und begeben uns in die Küche. Danielas Schmerzen sind nicht besser geworden und Schmerztabletten oder Salbe haben wir nicht dabei. Die nette Deutsche (ich habe den Namen vergessen) ist Physiotherapeutin und gibt Daniela ein paar Tipps für Dehnungsübungen und Ibuprofen 400. Zudem hat die Hüttenwirtin eine seit 2 Jahren abgelaufene Salbe und so machen wir uns nach dem Frühstück auf den Rückweg.
Wir kommen sehr, sehr langsam voran und werden bald von der ersten Wanderin überholt. Wir nehmen uns vor, nie wieder einen Kiwi zu fragen, ob es ein einfacher Walk wäre. Für einen Kiwi mag das hier ein Sonntagsspaziergang mit Oma sein, für uns ist es einfach nur anstrengend. Wir malen uns aus, dass die beiden Mädels noch mehr Touristen ins Unglück schicken und haben den Plan, die beiden Damen von der Touriinfo zu Würstchen zu verarbeiten, damit so etwas nicht nochmal passiert. Und wo wir schon beim Essen sind, delirieren wir über mögliche Abendessen, die wir uns heute gönnen, sollten wir es jemals nach unten schaffen. Danielas Bein schmerzt weiterhin, wird aber besser je länger wir unterwegs sind. Wir kommen immer besser voran und treffen Daniel (der uns zwischenzeitlich überholt hatte und 1,5 Stunden nach uns gestartet ist) an der Architects Hut zum Mittagessen. Von hier sind es nur noch 10 km und der Weg wird etwas besser. Da passiert es - Danielas Traum von heute Nacht wird wahr. Ein Hubschrauber nähert sich, sie winkt, (ich kann es nicht glauben), er landet, Daniela spricht mit dem Piloten und ....
.... läuft laut auf den Piloten schimpfend mit mir nach unten. Ja, er hat sie leider nicht mitgenommen, der Traum wurde nur halb wahr. Nach diesem Dämpfer ist es schwierig wieder Motivation zu finden und wir stellen uns wieder tolle Abendessen in tollen Restaurants vor:Käsefondue, Fleischfondue, Steak, Schnitzel, Raclette. Diese Gedanken halten uns am Leben und wir erreichen nach 10,5 Stunden unser Auto. Unglaublich! Wir haben es geschafft. Geiles Gefühl! Wir hieven uns in unser Auto und fahren nach Franz Josef.
Auf dem Rückweg studieren wir schon mal die Restaurants, aber erstmal brauchen wir eine heiße Dusche. Wir buchen uns im örtlichen Campingplatz ein, träumen weiter von einem herrlichen Abendessen, als wir feststellen - Pleite! Keine Kohle! Scheiße!
Wir haben aus Sicherheitsgründen all unsere Wertsachen inklusive Kreditkarten, Bargeld, usw. beim Touristenbüro eingeschlossen und die machen leider erst morgen wieder auf. Das kann doch nicht wahr sein. Wir versuchen an der Rezeption des Campingplatzes unsere Kamera als Pfand für 100 Dollar zu hinterlegen - ohne Erfolg. Wir sind total am Ende und haben echt keine Kraft und schon gar keine Lust nach so einem Marsch noch zu kochen und fahren erstmal zu unserem Platz. Zwei Plätze neben uns steht ein anderes Spaceship, das wir schon einmal gesehen haben. Genau, das ist doch das deutsch-kolumbianische Pärchen, das in Frankreich lebt - Claudia und Udo.
Wir finden die beiden in der Campingküche, erzählen im Kurzdurchgang unser Erlebnis und fragen, ob sie uns 100 Dollar leihen würden, um essen zu gehen. "Nein, ihr braucht kein Geld, ihr esst mit uns." Und schon hat Claudia aus einem Essen für zwei ein Essen für vier gezaubert. Ich steuere meine letzten Bier bei von denen Udo eins trinkt und ich die anderen fünf. Es ist ein lustiger und sehr netter Abend und ein gelungener Ausklang unseres Trips.
Trotz bereits einsetzendem Muskelkater sind wir stolz wie Oskar und fallen todmüde ins Bett und schlafen wunderbar. Ach ja, Danielas Schmerzen waren bei Ankunft am Campingplatz wie weggeblasen.
(Autor: Jens)